Elisa Wüntscher ist freischaffende Fotografin, geboren 1997 in Graz. Seit ihrem Diplomabschluss am Abendkolleg für Fine Art Photography und MultimediaArt an der Ortweinschule Graz beschäftigt sie sich durchgehend mit dem fotografischen Bild. Um die Fotografie und ihre Präsentationformen weiterzudenken, absolvierte sie den Bachelor in Informationsdesign an der FH JOANNEUM.
DE
„Das Besucherzentrum unterscheidet sich zum Museum, indem die Stadt selbst das Exponat ist“, sagte Michael Fehr bei unserer Besichtigung im August 2021. In meiner Arbeit habe ich mich also mit dem Gedanken, die Stadt als ein Exponat zu verstehen, auseinandergesetzt, wodurch sie noch unnahbarer und inszenierter erscheint. Wir, die Besucher*innen, sehen in Regensburg die Geschichten, die wir sehen wollen oder die uns durch eine Führung oder durch geschichtliche Informationen vorgelegt werden. Wir sprechen vom italienischen Flair der schmalen Gassen, der unglaublich alten Römermauer und dem mittelalterlichen Stadtkern. Ich habe mich jedoch gefragt, was neben oder hinter diesen Zuordnungen von Orten steht, denn schlussendlich ist mein Blick doch auch immer subjektiv und daher schreibe ich der Geschichte, die ich mit meinen Fotografien über Regensburg erzähle, keine Wahrheit zu. Vielmehr formen sie eine eigene neue Realität, die nur in den Bildern und deren Kombination existiert. Die Bildserie von Regensburg ist daher nicht als eine Nacherzählung der historischen Geschichte zu verstehen. Im Gegenteil – sie zeigt eine sehr subjektive Interpretation von Beobachtungen und Auseinandersetzungen mit der Stadt. Ich bediene mich im Prozess des Fotografierens zwar dieser Orte, die real existieren, doch transformiere und übersetze ich sie. Die Bilder zeigen keine Dokumentationen von Orten, sondern Schauplätze, Kulissen und Inszenierungen. Die Portraits der Menschen zeigen Schauspieler*innen einer Geschichte aus Bildern. Nicht wer diese Menschen und was diese Orte sind, ist für diese Geschichte von Relevanz, sondern wie sie abgebildet wurden und welche Bedeutung sie damit annehmen können. Die Arbeit bewegt sich somit auf einem schmalen Grat zwischen Inszenierung und Echtheit, Phantasie und Realität. Statt Wahrheit zeige ich eine persönlich geprägte Bildwelt!
Während meines Besuches befand ich mich immer wieder im Zwiespalt–diese Stadt ist Heimat und Kulisse zugleich. Sie formt einen Ort, wo alltägliches Leben auf ein historisches Freilichtmuseum trifft. Der Boden ist meist perfekt gekehrt, die Graffiti an den Stromkästen übermalt–doch zugleich funkeln die Scherben am Sonntag in der Früh am Neupfarrplatz von den ausgetrunkenen Flaschen des Vorabends. Während man durch die Gassen streicht, beschleicht einen das Gefühl, sich in einer Inszenierung zu bewegen.
Ich frage mich, was hier überhaupt „echt“ ist. Die Bilder stellen Fragen, inwieweit wir inszenieren, was an uns, an unserer Mimik und Gestik „echt“ und was inszeniert ist und ob wir dies überhaupt voneinander trennen können. Ich frage mich weiters, wie weit Inszenierung geht, beispielweise wie wir uns kleiden, wie wir bauen, wie wir Schaufenster gestalten, wie wir lachen, wie wir uns gegenseitig etwas vorspielen. Das Leben in einer Kulisse prägt für mich die Stadt Regensburg und doch findet sich immer wieder Alltägliches, womöglich Ungewolltes, welches sich in den Details der Stadt verirrt. Es reibt sich mit diesem perfekten Bild, dem Exponat „Welterbe“. Die Reibung zischen Inszenierung und Alltäglichem und wie sich diese beiden Wahrnehmungsräume gegenseitig ergänzen, wird innerhalb der Arbeit in den Fokus gesetzt. Die Bilder stellen Fragen über unsere Werte und Bedeutungen, die wir vererbt bekommen haben.
Hier trifft Bewegung auf Stillstand. Unmengen an Tourist*innen ziehen vorbei, die nur kurz verweilen. Der Strom an Menschen fließt genauso wie die Donau durch die Stadt. Aber die Gebäude bleiben, das Welterbe steht. Diese Steine liegen in unseren Händen.
Text erschienen in „Das Besucherzentrum Welterbe Regensburg: Vermittlungsstrategien einer UNESCO-Welterbestadt“ (Herausgegeben von Karl Stocker und Matthias Ripp) 2022
EN
„The visitor center differs from the museum in that the city itself is the exhibit,“ said Michael Fehr during our visit in August 2021. In my work I hence explored the idea of the city as an exhibit, which makes it seem even more distant and staged. In Regensburg we, the visitors, see the stories that we want to see or those that are presented to us through a guided tour or historical information. We talk about the Italian flair of the narrow streets, the incredibly old Roman wall and the medieval city center. I asked myself, however, what lies next to or behind the meanings assigned to these places. In the end my view is always subjective and, therefore, I do not ascribe any truth to the story I tell about Regensburg with my photographs. Rather, they form their own new reality that exists only in the images and their combination. This series of pictures of Regensburg is, thus, not to be understood as a retelling of its history. On the contrary – it shows a very subjective interpretation of observations of and confrontations with the city. In the process of photographing, I make use of these places existing in reality, but I transform and translate them. The photographs do not document places, but rather they depict settings, scenery and staged compositions. The portraits of people show actors in a story made of images. It is not who these people or what these places are that is relevant to this story, but how they are depicted and what meaning they can take on because of it. Therefore, this work moves on a fine line between the staged and the authentic, fantasy and reality. Instead of truth, I show a personally shaped pictorial world!
During my visit, I repeatedly found myself in a discrepancy – this city is home and scenery simultaneously. It forms a place where everyday life meets a historical open-air museum. The floor is usually perfectly swept, the graffiti on the electricity boxes is painted over – but yet the shards of emptied bottles from the night before sparkle at Neupfarrplatz on Sunday mornings. Wandering through the alleys, one cannot help but feel like they are moving within a production.
I wonder what is „real“ here at all. The pictures pose questions about the extent to which we are performing, questions about what is „real“ or rather staged about ourselves, about our facial expressions and gestures, and whether we can even distinguish between the two. I ask myself how far this performance goes – from how we dress, how we build, how we design shop windows, to how we laugh and how we put on a show for each other. Life inside a scenery characterizes the city of Regensburg for me. And yet, everyday things and occurrences, possibly unintentional, are all around getting lost in the details of the city. This contrasts the perfect image, the „world heritage“ exhibit. The friction between the staged and the common as well as how these two perceptual spaces complement each other is focused this work. The images ask questions about our values and the meanings we have inherited.
Here, movement meets stasis. Vast quantities of tourists pass by, lingering only briefly. The stream of people flows through the city just like the Danube. But the buildings remain, the world heritage stands. These stones are in our hands.
Besucherzentrum Welterbe Regensburg, 06.08.2022 – 07-10.2022, Regensburg
Künstlerinnenbeitrag in „Das Besucherzentrum Welterbe Regensburg: Vermittlungsstrategien einer UNESCO-Welterbestadt“, 60 Seiten, 2022, Herausgegeben von Karl Stocker und Matthias Ripp, Birkhäuser Verlag
DE
Die Arbeit „Paradies“ beschäftigt sich mit „Bildwelten“ des kollektiven Gedächtnisses. Anhand von ausgewählten Themen und Begriffen wird eine fotografische Erzählung konstruiert, die Fragen an unser kulturelles Wissen oder an Erinnerungen stellt. Die Ordnung der gestalteten Bilder öffnet Raum für die Erzählung.
EN
The work „Paradies“ deals with the imagery of our collective memory. Using selected themes and concepts, a photographic narrative is constructed that asks questions of our cultural knowledge or memories. The order of pictures unveil the narrative.
Fotogalerie im Grazer Rathaus, 20.05. – 25.06.2021, Kulturvermittlung Steiermark, Graz
Künstlerinnenbuch, 280 × 210 mm, 80 Seiten, 2020, selfpuplished, Graz
DE
In „das sind wir“ wurde das Kräfteverhältnis zwischen Model, Kamera und Fotografin gestalterisch untersucht. Porträtiert wurden junge Frauen aus dem persönlichen Umfeld. Lilli, Helena, Berta, Anna, Lina….
EN
In „das sind wir“ („this is us“) the power dynamics between model, camera, and photographer were examined creatively. The Portraits were taken of young women from the own personal environment. Lilli, Helena, Berta, Anna, Lina….
Künstlerinnenbuch/Abschlussarbeit Ortweinschule, 270 × 220 mm, 56 Seiten, 2018, Graz
DE
2022 KUNSTRAUM STEIERMARK Stipendium 2021-2022
2020 Shortlist Vonovia Award für Fotografie
2018 Zweiter Platz beim Young Creative Panthers 2018
2016 Zweiter Platz beim Landes Nachwuchswettbewerb der Steirischen Berufsfotografen
EN
2022 KUNSTRAUM STEIERMARK scholarship 2021-2022
2020 Shortlist Vonovia Award für Fotografie
2018 Second at Young Creative Panthers 2018
2016 Second at Landes Nachwuchswettbewerb der Steirischen Berufsfotografen
DE
2023 photo graz selction V, Galerija Zuccato, Poreč, Kroatien
2023 photo graz selction V, Galerija Marko K. Gregović, Montenegro
2023 photo graz selction V, County Youth Foundation Timiș, Temesvar,
Rumänien
2022 Kunstraum Steiermark 2022 & 2023, Neue Galerie, Graz, Österreich
2022 Eine Hand voller Steine, Regensburg, Deutschland (Solo) (+ Kuration, Ausstellungsgestaltung)
2022 8 in 26, Atelier Griesgasse 26, Graz, Österreich (+ Kuration)
2021 Parallel Vienna, Land Steiermark, Wien, Österreich
2021 4 Positionen junger Fotografie aus Graz, Galerie Marenzi, Leibnitz, Österreich (Gruppenausstellung)
2021 photo graz 020, Altes Kino, Leibnitz, Österreich
2021 Paradies, Fotogalerie im Rathaus, Graz, Österreich (Solo)
2021 Zuhause – Vonovia Award für Fotografie, Kunstmuseum Bochum, Deutschland (Shortlist)
2021 Zuhause – Vonovia Award für Fotografie, „Kubus“ – der Galerie „Vom Zufall und vom Glück“ Hannover, Deutschland (Shortlist)
2020 photo graz selection III, Gradska galerija labin, Labin, Kroatien
2020 déja vue, exibition in puplic space, Saint Étienne, Frankreich
2020 photo graz selection III, Centrum Wykładowo-Konferencyjne Politechniki Poznańskiej, Poznan, Polen
2020 photo graz selection III, Orangerie des Stadtmuseum Vukovar, Kroatien
2019 photo graz selection III, Shakespeare-Theater, Danzig, Polen
2019 photo graz selection III, Sklad, Plovdiv, Bulgarien
2019 photo graz selection III, ORF Zentrum, Graz, Österreich
2018 Fotografie Ortweinschule 2018, Austrijski kulturni forum, Zagreb, Kroatien
2018 photo graz 018, Kulturzentrum bei den Minoriten, Graz, Österreich
2018 InsightOut, HTL Zeltweg, Zeltweg, Österreich
2018 Fotografie Ortweinschule 2018, Fotogalerie im Rathaus, Graz, Österreich
2018 InsightOut Kunsthaus Köflach, Köflach, Österreich
2018 Lendwirbel Capperi! il locale, Graz, Österreich
2018 Junior Design Fest 2018, Galerie Umelka, Bratislava, Slowakei
2017 InsightOUT, ForumKloster, Gleisdorf, Österreich
EN
2023 photo graz selction V, Galerija Zuccato, Poreč, Croatia
2023 photo graz selction V, Galerija Marko K. Gregović, Montenegro
2023 photo graz selction V, County Youth Foundation Timiș, Temesvar, Rumania
2022 Kunstraum Steiermark 2022 & 2023, Neue Galerie, Graz, Austria
2022 Eine Hand voller Steine, Regensburg, Germany (Solo) (+ curation, Exhibitiondesign)
2022 8 in 26, Atelier Griesgasse 26, Graz, Austria (+ curation)
2021 Parallel Vienna, Land Steiermark, Vienna, Austria
2021 4 Positionen junger Fotografie aus Graz, Galerie Marenzi, Leibnitz, Austria (Gruppenausstellung mit Heiko Kienleitner, Manuel Rieder, Rebecca Unz) (+ in part curation)
2021 photo graz 020, Altes Kino, Leibnitz, Austria
2021 Paradies Fotogalerie im Rathaus, Graz, Austria (Solo) (+in part curation)
2021 Zuhause – Vonovia Award für Fotografie, Kunstmuseum Bochum, Germany (Shortlist)
2021 Zuhause – Vonovia Award für Fotografie, „Kubus“ – der Galerie „Vom Zufall und vom Glück“ Hannover, Germany (Shortlist)
2020 photo graz seclection III, Gradska galerija labin, Labin, Croatia
2020 déja vue, exibition in puplic space, Saint Étienne, France
2020 photo graz seclection III, Centrum Wykładowo-Konferencyjne Politechniki Poznańskiej, Poznan, Poland
2020 photo graz seclection III, Orangerie des Stadtmuseum Vukovar, Croatia
2019 photo graz seclection III, Shakespeare-Theater, Danzig, Poland
2019 photo graz selection III, Sklad, Plovdiv, Bulgaria
2019 photo graz selection III, ORF Zentrum, Graz, Austria
2018 Fotografie Ortweinschule 2018, Austrijski kulturni forum, Zagreb, Croatia
2018 photo graz 018, Kulturzentrum bei den Minoriten, Graz, Austria
2018 InsightOut, HTL Zeltweg, Zeltweg, Austria
2018 Fotografie Ortweinschule 2018, Fotogalerie im Rathaus, Graz, Austria
2018 InsightOut, Kunsthaus Köflach, Köflach, Austria
2018 Lendwirbel, Capperi! il locale, Graz, Austria
2018 Junior Design Fest 2018, Galerie Umelka, Bratislava, Slovakia
2017 InsightOUT, ForumKloster, Gleisdorf, Austria
DE
Tätigkeit
seit 2023 Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des Besucherzentrums Welterbe Regensburg
2021 – 22 Leitung Fotografie-Atelier Griesgasse 26
seit 2021 Selbstständige Fotografin
Ausbildung
2023 MA Ausstellungsdesign, FH JOANNEUM University of Applied Sciences, Graz, Masterarbeit bei Univ.-Prof. Dr. Karl Stocker
2020 BA Informationsdesign, FH JOANNEUM University of Applied Sciences, Graz, Bachelorarbeit bei Erwin Polanc
2019 Auslandssemester an der École supérieure d’Art et Design de Saint-Étienne, Frankreich
2018 Kolleg für Fotografie & Multimedia Art, Ortweinschule, Graz, Diplom bei Erwin Polanc
2015 Matura, BRG Modellschule, Graz, Schwerpunkt: bildnerische Erziehung
EN
work
since 2023 Member of the scientific advisory board of the World Heritage Visitor Center Regensburg
2021 – 22 Head of photography studio Griesgasse 26
since 2021 Self-employed photographer
education
2023 MA Exhibition Design, FH JOANNEUM University of Applied Sciences, Graz, Master thesis: supervised by Univ.-Prof. Dr. Karl Stocker
2020 BA Information Design, FH JOANNEUM University of Applied Sciences, Graz, Bachelor thesis: supervised by Erwin Polanc
2019 Semester abroad at School of Art and Design of Saint-Etienne, France
2018 Colleg for Photography & Multimedia Art, Ortweinschule, Graz, Diplom: supervised by Erwin Polanc
2015 Matura, BRG Modellschule, Graz, focus: visual arts
DE
elisawuentscher.com
mail@elisawuentscher.com
+43 680 1435413
Gestaltung und Programmierung
Matthias Pöschl
studio uniform
EN
elisawuentscher.com
mail@elisawuentscher.com
+43 680 1435413
Design and Code
Matthias Pöschl
studio uniform